Der Putschversuch zeigt den tiefen Konflikt unter den Reaktionären in der Türkei

07/29/2016 6 min ReadILPS Chairperson

Von Prof. Jose Maria Sison
Vorsitzender des Internationalen Koordinierungskomitees der
International League of Peoples` Struggle (ILPS)

Der fehlgeschlagene Putschversuch einer Fraktion des türkischen Militärs gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan zeigt die ernste Krise und Polarisierung der türkischen Gesellschaft.

Nach Berichten sind 1.563 Militärangehörige, die verdächtigt werden in den Putsch verwickelt zu sein, zusammengetrieben worden und sind jetzt in Haft. Die Zahl der Toten beträgt, nach einem Bericht, 41 Polizeibeamte, zwei Soldaten, 47 Zivilisten und 104 „Putschisten“ oder insgesamt 194 Tote.

Bis jetzt bleiben viele Dinge unklar, wie die Identität der Putschisten, ihre wirklichen Motive und Ziele.

Erdogan hat den im US-Exil lebenden muslimischen Kleriker Fethullah Gülen und dessen Anhänger in den bewaffneten Kräften angeklagt, sich zum Putsch verschworen zu haben. 2.745 Richter, die verdächtigt werden Anhänger Gülens zu sein, sind ihres Amtes enthoben worden. Seine Bewegung, genannt Hizmet, hat bestritten, irgendetwas mit dem Putschversuch zu tun zu haben. Obwohl Gülens Anhänger beanspruchen, dass Hizmet hauptsächlich eine zivile Bewegung ist, halten viele Gülenisten Schlüsselpositionen im türkischen Militär, der Polizei, der Justiz und den Medien besetzt.

Gülen war ein enger Verbündeter Erdogans bis zu ihrem Zerwürfnis im Jahr 2013, als Gülen Erdogan der Korruption beschuldigte. Gülens Bewegung predigt einen moderaten Typ des Islams, im Gegensatz zu Erdogans fundamentalistischer Orientierung. Gülen, der Berichten zufolge eine Mehrparteiendemokratie bevorzugt, hat Erdogan wegen seines Autoritarismus kritisiert.

Es ist unklar, welche Rolle die USA bei dem Putschversuch spielte. Was in der Türkei passiert, einer Schlüsselmarionette der USA und NATO beim Schutz der US-Macht in der Krisenregion des Mittleren Ostens, ist sicherlich von großem Interesse für Washington. Die Türkei ist an den US-Aggressionskriegen in Afghanistan, im Irak, Libyen und Syrien beteiligt gewesen. Sie beherbergt 5.ooo US-Soldaten der Luftwaffe auf ihrer Luftwaffenbasis Incirlik und etwa 90 taktische Atomwaffen.

Aber 24 Stunden während des Putsches gab es nur Schweigen aus Washington. Es war erst nachdem Erdogan zeigte, dass er den Putschversuch überlebt hatte, als Obama seine Unterstützung der „demokratisch gewählten Regierung“ Erdogans erklärte. Obama kam dies nicht in den Sinn, als eine pro-USA Militärverschwörung die „demokratisch gewählte Regierung“ Morsis in Ägypten vertrieb.

Es gibt auch unterschiedliche Signale, die vom Lager Erdogans kommen, in Beziehung zu den USA. Erdogan hat von den USA die Ausweisung von Gülen gefordert, indem sie die USA daran erinnerte, dass die Türkei die Ausweisung Terroristen niemals abgelehnt hat, wenn dies von den USA gefordert worden ist. Zur selben Zeit beschuldigte der türkische Arbeitsminister Süleyman Soylu die USA im Fernsehen, dass sie hinter dem Putsch stecken und Gülen Unterschlupf gewähren. Der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu sagte andererseits, dass das Militär jetzt vom Einfluss Gülens gesäubert werden müsste, so dass es die bessere Unterstützung und Koordination der NATO gewährleisten kann.

Es gibt auch Spekulationen, dass Erdogan selbst den „gefälschten Putsch“ gestartet hat, um sich selbst die Möglichkeit zu geben, mehr Macht zugeben und den Sturz seiner politischen Gegner zu zerschlagen. Einige Nachrichten in den sozialen verglichen den Putschversuch mit dem Reichstagsbrand von 1933, bei dem 160 Menschen starben und den Hitler als einen Vorwand nutzte, um bürgerliche Freiheiten auszusetzen, die Gefangennahme seiner Gegner anzuordnen und seine Macht zu festigen.

Es wurde berichtet, dass Erdogan gesagt haben soll, dass der Putsch ein „Geschenk des Himmels“ sei und so nahmen die Spekulationen zu, dass er selbst den Putsch organisiert hat. Was auch immer die Wahrheit ist, Erdogan nutzt ihn bestimmt, um seine politischen Gegner auszulöschen und mehr persönliche Macht anzuhäufen. Seine fanatischen Anhänger fordern auch die Todesstrafe für die Verschwörer.

Erdogan ist in den letzten Jahren stark unter Druck gestanden sowohl innerhalb des Landes, als auch außer Landes, wegen seiner wachsenden repressiven und tyrannischen Politik. Er gelobte die von der PKK geführte kurdische Befreiungsbewegung zu zerschlagen, er ordnete eine Militäroffensive gegen kurdische Gemeinden an, er riss Gebäude und Häuser ab und tötete Zivilisten. Seit 2014 ließ er 1.845 Mitglieder des Parlamentes, Schriftsteller und Akademiker, die seine Politik kritisierten, als Terroristen brandmarken.

Er hat die Gefangennahme von Reportern angeordnet und hat die Übernahme der Medien angeordnet, die sich kritisch gegenüber seinem Regime äußerten. Es ist türkisches Gesetz, dass eine Beleidigung des Präsidenten ein Vergehen ist, das eine Gefängnisstrafe von vier Jahren nach sich zieht. Als Folge dessen hat „Reporter ohne Grenzen“ die Türkei auf Platz 149 unter 180 Ländern im Pressefreiheitsindex platziert.

2013 war Erdogan mit mehreren Wellen von Protestaktionen konfrontiert, die Monate andauerten. Die Unruhen begannen mit einer Protestaktion am Taksim Platz gegen die Abholzung von 600 Bäumen im Gezi Park, um Platz zu schaffen für ein Entwicklungsprojekt, das ein Einkaufszentrum, eine Moschee und eine Militärkaserne beinhaltete. Das Regime antwortete mit brutaler Unterdrückung. Mehrere Menschen wurden getötet und Tausende wurden verletzt.

Berkin Elvan, ein 14-jähriger Demonstrant, starb nach Monaten im Koma, nachdem er von einer Tränengasgranate getroffen worden war. Schnell wurde er das Symbol des Protestes gegen das Regime des Tyrannen Erdogan. Ausgehend von einem lokalem Problem wurden die Demonstrationen zu einem Protest gegen die ökonomische und politische Politik des Regimes, bei denen die Protestierenden das Volk aufriefen „vereint gegen den Faschismus“ aufzustehen und die Regierung zu stürzen.

Im folgenden Jahr war das Regime wieder mit militanten Protesten konfrontiert, nachdem es brutale Gewalt anwandte, um die Demonstrationen zum 1. Mai vom Taksim Platz abzuhalten. Die Proteste wurden auch ausgelöst durch die intensivierte Repression des Regimes, das die AKP-Mehrheit im Parlament nutzte, um unbeliebte Gesetze über Internetzensur und Ausweitung der Befugnisse für die nationale Geheimdienstagentur (MIT) sowie jener Weisungsbefugnis der Regierung gegenüber den Gerichten auf den Weg zu bringen.

Der jetzige Putsch zeigt die tiefe Spaltung in der türkischen Gesellschaft, die Widersprüche zwischen dem Volk und der hiesigen herrschenden Klasse sowie den Widersprüchen innerhalb der hiesigen herrschenden Klasse. Der gewaltsame Konflikt unter den Reaktionären bringt hervorragende Bedingungen für den Fortschritt der revolutionären Bewegung des Volkes hervor.

Der Internationale Bund des Kampfes der Völker (ILPS) unterstützt den berechtigten Kampf der Völker der Türkei für nationale Befreiung und Demokratie gegen das faschistische Erdoganregime. Maoistische Parteien sind bestrebt die Völker der Türkei auf dem Weg einer bewaffneten Revolution zu führen. Ebenso unterstützt die ILPS den gerechten Kampf des kurdischen Volkes für nationale Selbstbestimmung und Demokratie unter Führung der Arbeiterpartei Kurdistans.

 

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